Historie: Die Fans des 1. FC Kaiserslautern, Teil 1/2

„Nie eine solch stimmgewaltige Kulisse erlebt“

„Nie eine solch stimmgewaltige Kulisse erlebt“

Typische Szene aus früheren Jahren: Weil der Andrang so groß ist, wie hier am 24. Januar 1976 gegen Borussia Mönchengladbach, klettern die FCK-Fans auf Bäume oder gerne auch mal auf die Flutlichtmasten, um das Spiel zu sehen; Foto: Imago

Die Anhänger des 1. FC Kaiserslautern haben einiges erlebt und Meilensteine in Deutschland gesetzt. In einer zweiteiligen Historie wirft „Der Betze brennt“ einen Blick auf die in vielen Jahrzehnten entstandene Fankultur am Betzenberg.

„Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal eine solch stimmgewaltige Kulisse erlebt zu haben.“ Diese Aussage zur Stadionatmosphäre auf dem Betzenberg stammt von einem, der die ganze Fußballwelt gesehen hat: Es war der jugoslawische Trainer Vujadin Boskov, der am 17. März 1982 auch in den tobenden Fans des 1. FC Kaiserslautern eine Erklärung für die 0:5-Pleite seiner Schützlinge von Real Madrid suchte. Acht Jahre später wiederholte Boskov, mittlerweile Trainer von Sampdoria Genua, seine ehrfürchtige Bewunderung in ähnlicher Form. Aus diesen Worten ergibt sich das manchmal etwas überhöhte Selbstverständnis der FCK-Anhänger, die lange Jahre - gemeinsam mit dem Publikum von Borussia Dortmund - als „die besten Fans der Liga“ bezeichnet wurden.

Prägend für die FCK-Fans: Die Fünfziger und die Neunziger

Die Fan-Geschichte des 1. FC Kaiserslautern ist eng mit zwei großen Entwicklungsphasen des deutschen Fußballs verbunden: Zum einen mit der Nachkriegszeit in den 1950er Jahren, als die Menschen das Leben wieder entdeckten und das runde Leder mit dem Höhepunkt des WM-Titels 1954 zu „des Deutschen liebstes Kind“ wurde. Mit Fritz Walter an der Spitze gehörte der FCK damals zu den Top-Adressen, der bundesweit die Stadien füllte, egal ob in Kaiserslautern, Trier, Leipzig oder Berlin. Zum anderen waren es die 1990er Jahre, in denen die Roten Teufel als erster Nach-Wende-Meister und im Zuge des großen Fußball-Booms viele neue Sympathisanten fanden.

Durch die Endspiele um die Deutsche Meisterschaft im abgelegenen Berlin der 1950er Jahre, Fritz Walters „Tor des Jahrhunderts“ am 6. Oktober 1956 vor 120.000 Zuschauern in Leipzig, aber auch durch den Pokalsieg 1990 und den Meistertitel 1991 direkt nach dem Mauerfall hat der FCK beispielsweise in den östlichen Bundesländern viele Fans aus verschiedenen Generationen. Ähnlich sieht es im Norden, im Westen und im Süden der Republik aus, wo es in den größeren Städten mehr oder weniger aktive Fanclubs gibt, aber auch viele Einzelkämpfer, die zu jedem „Heimspiel“ in Kaiserslautern hunderte von Kilometern für die Anreise auf sich nehmen.

Den Kern der Lautrer Fangemeinde bildet aber seit über 60 Jahren die Region im Südwesten Deutschlands, welche weit über die 100.000-Einwohner-Stadt in der Westpfalz hinaus geht. Wie in einer Sternfahrt pilgern zu jedem Heimspiel die Besucher aus dem Rheinland, aus Hessen und Baden, aus dem Saarland, von der Mosel und aus Luxemburg auf „Deutschlands höchsten Fußballberg“, um dort mit den Westpfälzern, den Südpfälzern, den Vorderpfälzern und all den anderen ein Fußballfest zu zelebrieren. Je nach Erfolg und Ligazugehörigkeit sind die Massen mal größer, mal kleiner, gegen graue Zweitligamäuse wie Paderborn oder Ingolstadt kommen manche gar nur „aus Gewohnheit“ - aber die FCK-Fans sind da, egal wann und gegen wen.

Hart, aber herzlich

Aus dieser Liebe zum FCK resultieren manchmal auch Situationen, die an die Grenzen und darüber hinaus gehen. Schon 1935 musste der Verein eine dreimonatige Platzsperre hinnehmen, nachdem es beim Heimspiel gegen Saar 05 Saarbrücken zu Ausschreitungen gekommen war. 1977 kam es gegen Fortuna Düsseldorf zum ersten zuschauerbedingten Spielabbruch der Bundesliga-Geschichte, als von den Rängen mehrfach Gegenstände auf den Rasen flogen und Schiedsrichter Frickel zum Entsetzen von Fans, Spielern und Funktionären vorzeitig abpfiff. Mehrfach wurden in der späteren Historie Fangnetze vor den Fanblöcken aufgespannt, um Spieler und Unparteiische vor Wurfgeschossen sowie den Verein vor Strafen zu schützen. Bis hin zur körperlichen Auseinandersetzung ging die auch verbal stets gepflegte Rivalität mit den vielen regionalen Konkurrenten wie etwa Waldhof Mannheim oder - Jahrzehnte früher - dem FK Pirmasens. Sogar Fritz Walter erhielt einmal als Zuschauer gegen den FKP ein vierwöchiges Stadionverbot (damals im Jahr 1959: „Platzsperre wegen Schiedsrichterbeleidigung“). Heute rebellieren die FCK-Fans gerne mit dem Einsatz von bengalischen Feuern, die vor vielen Jahren zur Entstehung des geflügelten Wortes „Der Betze brennt“ beitrugen, gegen die vielen von oben verordneten Verbote und Vorschriften.

Ein anderes Konfliktthema in der Lautrer Fan-Geschichte waren die sogenannten Fußballrowdies der 1960er und 1970er Jahre. Später entwickelten sich aus diesen die Kutten und Hooligans - und die professionelle Fan-Arbeit, bei welcher der FCK immer wieder eine bundesweite Vorreiterrolle einnahm. Während die damals nur lose und inoffiziell bestehenden Fanclubs zu Beginn der Bundesligazeit noch nicht ernst genommen, geschweige denn beachtet wurden, setzten der damalige Präsident Jürgen Friedrich und Geschäftsführer Norbert Thines im März 1977 einen Meilenstein: An der „1. Fan-Club-Veranstaltung“ des FCK nahmen 100 Personen aus 44 Fanclubs teil, die fortan registriert wurden und einen offiziellen Status erhielten. Die Bekämpfung des Rowdytums war eines der Ziele dieses seither regelmäßigen Zusammenkommens von Funktionären und Fans, aber der Verein erkannte die Arbeit mit den Treuen von der Tribüne auch erstmals als soziale Aufgabe. Präsident Friedrich sagte: „Ihr seid unsere Außendienstmitarbeiter, ihr könnt für harmonische Zusammenarbeit sorgen innerhalb und außerhalb der Stadien.“

Morgen im zweiten Teil der Fan-Historie auf „Der Betze brennt“: Wie der 1. FC Kaiserslautern bundesweit zum Vorreiter in Sachen Fan-Arbeit wurde und wie die sportlichen Erfolge der 1990er Jahre die Stimmung im Fritz-Walter-Stadion negativ beeinflussten.

Eure Geschichten auf DBB: Wann warst Du zum ersten Mal im Stadion? Wie hast Du an diesem Tag das Geschehen auf den Rängen erlebt? Was hat sich im Laufe der Jahre verändert, was ist gleich geblieben? Erzähl es uns und diskutiere mit im Forum von „Der Betze brennt“!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- Teil 2 der Fan-Historie: „Alle haben ihren Platz im Vereinsgefüge“

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