Im Blickpunkt

Ein Bild und seine Geschichte

Ein Bild und seine Geschichte


Es gab am Freitagabend im „November Rain“ von Frankfurt eine Menge Premieren. FCK-Linksverteidiger Chris Löwe schoss sein erstes Zweitligator im 28. Spiel. Stürmerkollege Mo Idrissou traf zum ersten Mal gegen seinen einstigen Verein FSV Frankfurt, zu dem er bis heute ein besonderes Verhältnis pflegt. Enis Alushi spielte erstmals wieder, über ein Jahr nach seinem Kreuzbandriss. Und auch mit Lautern-Trainer Kosta Runjaic ereignete sich bislang noch nicht Dagewesenes.

Nach dem 4:0 feierten die über 5.000 mitgereisten FCK-Fans zuerst ihre Mannschaft und riefen dann nach Runjaic. „Wir woll'n den Trainer sehen, wir woll'n den Trainer sehen”, wurde voller Inbrunst skandiert. Zunächst musste Coach Kosta aber zum TV-Interview, deshalb gab es erstmal noch eine zweite Liebkosung mit den Spielern. Nachdem die Fernsehkamera sich wegdrehte, folgte dann noch mal: „Wir woll'n den Trainer sehen, wir woll'n den Trainer sehen.” Und Runjaic entsprach dem Wunsch. Er machte in der Nähe der Mittellinie eine fast schüchterne Jubelpose - unter dem Beifall seiner Spieler - und ging wieder von der Bühne. Auch als die Fans ihn explizit vor die Kurve forderten, drehte sich Runjaic zwar noch ein zweites Mal um und applaudierte, verzichtete aber ausdrücklich auf die ganz große Show.

Es war das erste direkte Annähern zwischen Fans und Trainer, der seit rund sieben Wochen im Amt ist. In Zeiten, in denen Fußballer an einem Tag das Vereinswappen küssen und am anderen Tag bei einem besser zahlenden Verein unterschreiben, ein bemerkenswert langer Zeitraum. Aber der FCK-Trainer und die Anhänger der Roten Teufel tun gut daran, es langsam angehen zu lassen. Zuletzt gab es am Betzenberg in dieser Beziehung viel Schmerz und einen argen Vertrauensverlust.

Doch das Verhältnis Fans/Verein scheint sich zu kitten. Man kommt sich wieder näher, ja, man will sich wieder aufeinander lassen. Beleg dafür sind nicht nur die Rufe nach Runjaic, sondern auch nach den Spielern: Kostas Fortounis wurde gegen St. Pauli arg geherzt, in Frankfurt gab es Sprechchöre für Simon Zoller, der der beste Zweikämpfer beim Auswärtssieg war, und Rückkehrer Enis Alushi. Und das neu entstehende Vertrauen ist beidseitig: Zoller stand extra noch mal von der Bank auf, um sich mit Applaus in Richtung Fankurve zu bedanken. Alushi tat selbiges sogar unmittelbar vor seiner Einwechslung, in der Phase der höchsten Konzentration.

In den 90er Jahren gab es vor den Spielen ein Ritual. Beim Warmmachen wurden die Männer in Rot gefeiert, einer nach dem anderen. Damals passte kein Blatt Papier zwischen die auf den Tribünen und die vor den Tribünen. Es wäre schön, wenn man an diese alte Tradition zumindest anknüpfen könnte - auch wenn Spieler und Trainer heute freilich nicht mehr ihr Fußballleben einem Verein vermachen.

Wann Runjaic direkt vor die Westkurve tritt, ist noch unklar. Eines steht aber fest: Es wird ein emotionaler, authentischer Moment werden, der ernst gemeint sein wird - von beiden Seiten.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky

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