Eine Außenbetrachtung des 1. FC Kaiserslautern

Das Bild in den Köpfen

Das Bild in den Köpfen


Wir sind Lautrer, wir haben Herzblut, wir sind der FCK! Beim 1. FC Kaiserslautern gab es in den letzten Jahren viele solcher Slogans. Marketing-Experte und FCK-Blogger Patrick Potthoff analysiert die Mottos und Kampagnen - und wagt einen Quervergleich.

Das Bild in den Köpfen? Hört sich viel besser als Marketing an - aber genau darum geht’s. Marketing: Eine Disziplin, die kaum jemand für notwendig hält.

Die Vorurteile: Klatschpappen? Will kein Mensch haben. Werbung? Ich bin doch eh schon Fan. Dauerkartenaktion? Haut lieber das Runde ins Eckige.

Marketing ist das Ungeliebte Kind eines Fußballvereins. Doch es ist mehr als Klatschpappen und Werbung - und deshalb so notwendig. Und das gilt besonders für den 1. FC Kaiserslautern.

Es erzeugt und verfestigt die Bilder in den Köpfen. Nicht unbedingt in unseren. Uns muss keiner mehr überzeugen. Wir fahren ja auch zum Betze, wenn’s noch so schlecht um den FCK steht.

Doch Marketing ist überlebenswichtig für den FCK. Und weil das so ist, befasse ich mich in diesem Artikel mit eben diesem Bereich - genauer genommen mit den Kampagnen der letzten Jahre. Wie nachhaltig, effektiv und ansprechend gelingt dem FCK die Marketing­kommunikation? Wie stark werden Bilder in den Köpfen der Menschen erzeugt? Das ist eine der Fragen, auf denen ich aus meiner subjektiven Perspektive eine Antwort gebe. Fünf weitere Hauptaussagen dieses Artikels sind diese:

  • Marketing ist überlebenswichtig für den FCK und nicht überflüssig.
  • „Lautrer Herzblut“ war genial - und ist heute leider auf alle Zeiten hin verbraucht.
  • Die Kampagnen seit „Herzblut“ haben nur eine begrenzte Halbwertszeit. Es fehlt der rote Faden.
  • Erfolgreiche Marketingaktivitäten müssen folgende Eigenschaften in sich tragen: Authentisch, Langfristig, Emotional, Einheitlich, Differenzierend, Prägnant.
  • Man darf und muss von den erfolgreichsten Vereinen lernen. Ich zeige das Vorzeigebeispiel Borussia Dortmund auf.

Wofür zum Teufel braucht es überhaupt Marketing?!?

Fußballvereine kämpfen um die Aufmerksamkeit verschiedener „Anspruchsgruppen“. Wir Fans sind nur eine davon. Und wir sind es auch, die größtenteils auf Marketing verzichten könnten - weil wir dem Verein auch ohne Marketingkampagne zur Seite stehen. Doch gibt es da noch weit mehr Anspruchsgruppen, die diese Kommunikation nach Außen unverzichtbar machen:

  • Medien, von deren Berichterstattung und Meinung ein Fußballverein in der heutigen Welt mehr denn je abhängig ist.
  • Die breite Öffentlichkeit, die den Betze-Virus eben nicht schon in die Wiege gelegt bekommen hat und nur ein schwammiges und undifferenziertes Vorstellungsbild vom FCK hat.
  • Sponsoren, um deren Gelder wir kämpfen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Und das vielleicht sogar mehr alle anderen Vereine. Ist unser Verein doch in einer strukturschwachen Region angesiedelt, in der uns die Sponsoren nicht unbedingt die Tür einrennen.
  • Die nächste Fangeneration: Die regionale Konkurrenz ist stärker denn je. Mit ihnen konkurrieren wir um den Fan von morgen. Mainz hat sich aktuell in der Bundesliga etabliert. Mit dem Projekt Hoffenheim wurde ein Verein aus dem Boden gestampft, der im erweiterten Einzugsgebiet des FCK liegt. Eintracht Frankfurt ist wiedererstarkt und spielt im Europacup.

Allein der sportliche Erfolg ist schon lange kein ausschlaggebender Grund mehr, um Fan des FCK zu werden. Aber das braucht es auch gar nicht, weil der FCK auch ohne Meisterschaft und Europapokal einer der einzigartigsten Vereine unseres Landes ist. Zumindest wissen wir das.

Aufgabe des Marketings ist es, genau das auch der nächsten Fangeneration begreiflich zu machen. Und doch macht Marketing Menschen nicht zum Fan. Marketing übernimmt nur den ersten Schritt. Es kann die Menschen ins Stadion locken. Den Rest übernimmt der Betze-Virus selbst. Wenn Marketing diesen ersten Teilschritt schafft, macht es etwas richtig.

Das Bild in den Köpfen

Wir alle haben ein Bild über den FCK im Kopf. Geprägt von Eindrücken vergangener Erfolge, großer Spieler, Helden, Persönlichkeiten. Wir alle wissen, wofür der FCK steht. Marketing hat die Aufgabe, dieses Bild auch in den Köpfen der Menschen zu erzeugen. Bei Medien, der breiten Öffentlichkeit, den Sponsoren und der nächsten Fangeneration. Dieses Bild, das uns antreibt, trotz noch so schlechter Spiele wieder hoch zum Betzenberg zu pilgern. Weil wir genau wissen, dass es keinen besseren Verein in Deutschland gibt - egal, ob wir gewinnen oder verlieren.

Das ist der Grund, warum der FCK darauf angewiesen ist, effizientes und effektives Marketing zu betreiben. Und um dieses Bild in den Köpfen der Menschen zu erzeugen, gibt es einige Faktoren, die eine Kampagne, eine Aktion, ein Markenversprechen erfolgreich machen.

Und ich trenne bewusst nicht zwischen Saisonkampagne, Dauerkartenkampagne, Endspurtkampagne etc.. Sie verbindet alle eins: Sie sind kommunikative Lebensäußerungen, die alle dasselbe Ziel verfolgen. Sie transportieren eine Botschaft, um ein Bild in den Köpfen der Anspruchsgruppen zu erzeugen.

Bilder in den Köpfen - die Erfolgsfaktoren

Es gibt meiner Meinung nach einige Erfolgsfaktoren, die für den Erfolg von Kommunikation in Fußballvereinen maßgeblich sind. Kampagnen bzw. Kommunikation jeglicher Art sollten folgende Charakteristika erfüllen:

  • Authentisch, weil Marketing nicht wie Marketing aussehen darf.
  • Langfristig, weil sie nur dann ihre volle Wirkung entfaltet.
  • Emotional, weil Kommunikation immer ein Gefühl auslösen sollte.
  • Einheitlich, weil unterschiedliche Botschaften sich gegenseitig kannibalisieren können.
  • Differenzierend, weil wir der FCK sind - und nicht irgendwer anders. Das sollte man auch spüren.
  • Prägnant, weil das menschliche Gehirn die Kürze und Würze liebt.

Noch etwas detaillierter, bevor es zur Betrachtung der FCK-Kampagnen der vergangenen Jahre geht.

Authentisch:
Wenn das Ausmaß und die Art der Kommunikation ein inflationäres Maß annimmt, hat es zur Folge, dass diese Kommunikation nicht mehr als authentisch wahrgenommen wird. Denn immer dann, wenn Marketing bzw. Kommunikation aufgezwungen wird und im Übermaß gestreut wird, kommt es zu Reibung im negativen Sinne. Wenn Kommunikation die Grenze zur inflationären und kommerziellen Ausschlachtung überschreitet, wandeln sich die positiven Emotionen in Negative. Es wird zu offensichtlich. Genau das passierte bei der Herzblut-Kampagne. Aber dazu später mehr.

Langfristig:
Die Gefahr - und das gilt allgemein für Fußballvereine und insbesondere für den FCK - ist an zwei Punkte festzumachen. Kommunikationsbotschaften können sich überlagern, besonders dann, wenn eine kurzfristige Botschaft auf eine weitere kurzfristige folgt. Dadurch kannibalisieren sie sich nicht nur, sondern am Ende kann kein konsistentes Bild in den Köpfen der Menschen entstehen.

Grundsätzlich ist nichts dagegen auszusprechen, wenn auch kurzfristige Aktionen und Kampagnen die Kräfte für einen Endspurt bündeln, doch gilt es dabei zwei Punkte zu beachten:
Erstens: Sie müssen auf einem kommunikativen Fundament fußen.
Zweitens: Ihre Anzahl muss sich in Grenzen halten, denn Identifikation und Emotion ist eine langfristige Komponente und nur begrenzt auf Knopfdruck verfügbar. Überstrapazierung führt hier zu gegenteiligen Effekten - dann geht es den Menschen auf die Nerven.

Emotional:
Kommunikation von Fußballvereinen muss emotional ansprechen. Dann hat sie die Kraft, eine Masse von Menschen hinter dem Verein zu versammeln. Und dann schafft sie genau das, was ihr grundsätzlicher Zweck ist: Anziehungskraft und Bindung erzeugen - bei Medien, Sponsoren, der breiten Öffentlichkeit und der nächsten Fangeneration.

Einheitlich:
Um ein konsistentes Bild in den Köpfen der Menschen zu erzeugen, müssen die Kommunikationsbotschaften möglichst einheitlich und ganzheitlich umgesetzt werden. Im schlimmsten Fall sind mehrere Botschaften (inkl. verschiedener Bilderwelten) gleichzeitig im Einsatz und verwischen das Bild in den Köpfen der Menschen.

Differenzierend:
Im Kampf um die Aufmerksamkeit aller Anspruchsgruppen muss klar werden, dass der Verein ein besonderer ist. Es muss klar werden, was ihn besonders macht. Copy-Paste-Kampagnen sind Gift für das Bild in den Köpfen.

Prägnant:
Botschaften einer Kampagne sollten kurz und prägnant sein. Sie sollten die Kraft haben, Bedeutungen zu transportieren und im ersten Moment gleich haften zu bleiben.

Und nun ein Überblick über die Botschaften des FCK in den vergangenen Jahren - mit besonderer Betrachtung der genannten Erfolgsfaktoren:

Die Herzblut-Kampagne


„Lautrer Herzblut“ (später abgekürzt: „Herzblut“) war die Kampagne beim FCK. Im Jahr 2008 - zeitgleich mit dem Antritt von Stefan Kuntz - rief man die Herzblut-Kampagne ins Leben. Sieben Spiele vor Schluss stand man mit sechs Punkten Rückstand zum rettenden Ufer mit dem Rücken zur Wand. Die Kampagne wurde im Rahmen von Europas größtem Sportbusiness-Kongress, der SpoBiS 2009 in München, mit dem 1. Platz beim Marketingpreis des Sports 2009 ausgezeichnet.

Nicht zu unrecht behauptete Stefan Kuntz damals:

„Die Kampagne hat in den entscheidenden Wochen nicht nur bei den Spielern und Fans das Feuer für den FCK neu entfacht. Herzblut hat die positive Stimmung erfolgreich übertragen und den Glauben an das gemeinsame Ziel gestärkt. Weil das Konzept von allen Seiten gelebt wird, haben sich die sportlichen und wirtschaftlichen Erfolge gegenseitig verstärkt, sodass unser ‚Herzblut’ bis heute ungeahnte Kräfte freisetzt!“

„Herzblut“ verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Der Ticketverkauf schnellte in die Höhe. Schon bald konnten bei ortsansässigen VW-Händlern „Herzblut“-Sondermodelle geordert werden. Beim Stromanbieter Pfalzwerke AG wurde ein „Herzblut-Tarif“ eingeführt.

Und das war der Anfang vom Ende. Es war ein schleichender Prozess, doch bis heute ist es deutlich zu spüren: Das Herzblut ist ausgetrocknet - nicht was sich dahinter verbirgt, jedoch der Begriff. Es wurde inflationär ausgeschlachtet. Oft hatte man in den Folgejahren das Gefühl, dass die so erfolgreiche Herzblut-Kampagne nur wieder aufgefrischt und in ein neues Gewand gehüllt wurde.

Herzblut - und dann?


Beim FCK wirkt seit der Herzblut-Kampagne vieles angestrengt. So als hätte die Herzblut-Kampagne einen Erfolgsdruck geschaffen, der hemmt. Seit Herzblut hatte keine Botschaft wieder dieselbe Kraft und Energie.

Und dabei hätte vielleicht genau diese Kommunikationsbotschaft die Kraft zur langfristigen Komponente gehabt. „Herzblut“ war prägnant, weil es alles transportierte, was den FCK besonders macht - wodurch es zugleich differenzierend wirkte. Es war höchst emotional, weil es mit einer besonderen sportlichen Phase verknüpft war. Und es war authentisch - zumindest so lange, bis man es mit Vorsicht behandelte. Als „Herzblut“ dann mit aller Macht ausgequetscht und gepusht wurde, war es vorbei mit der Authentizität. Die Menschen waren genervt vom „Herzblut“. Kommunikation ist halt auch immer ein Drahtseilakt. Im Jahr 2009 startete eine Dauerkarten-Kampagne, die einen neuen Ansatz verfolgte:

„Betze Unser - der Pakt mit den Roten Teufeln“


Die Religion FCK, für viele nachvollziehbar - nicht so für die Evangelische Kirche, die sich aufgrund des Vergleichs empört zeigte und eine Verletzung der religiösen Gefühle gläubiger Christen in Deutschland vorliegen sah. Somit war die ohnehin als nur kurzfristig angedachte Kampagne schon bald ad acta gelegt.


„Lauter Abstiegskampf - gemeinsam unzerstörbar“


Diese Kampagne wurde zum Abstiegskampf im Jahr 2010/11 ins Leben gerufen. Aber spürbar war auch: Es entwickelte sich längst nicht dieselbe Strahlkraft wie noch bei „Herzblut“. Die Menschen versammelten sich nicht dahinter. Es entwickelte sich keine Eigendynamik. Oft sagt man: Weniger ist mehr. Vielleicht ist das in dem Fall gar nicht so falsch. Herzblut war ein einziges Wort, das alles aussagte. In „Lauter Abstiegskampf - nur gemeinsam sind wir unzerstörbar“ waren es nicht nur sieben Wörter, sondern sogar zwei verschiedene Botschaften. Es war nicht griffig genug, als das es die Menschen anheizen konnte. Es war nicht prägnant, auch wenn das Wort „Unzerstörbar“ aufgenommen wurde, das am 18.05.2008 maßgeblich von den FCK-Fans - in Form einer Choreographie - ins Leben gerufen worden war und seitdem ein heimlicher Bestandteil der FCK-Identität ist. Es wirkte auf viele Fans wie eine Herzblut-Kampagne reloaded. Sozusagen in leicht veränderter Form. Spätestens hier war das „Herzblut“-Pferd totgeritten.

Zum Aufstiegskampf in der Saison 2012/2013 gab es wieder einmal etwas Neues:

Mythos Betzenberg: Vereint bis zur letzten Minute. Glaube kann Berge versetzen.


Eine Kommunikationsbotschaft, die die letzten Reserven für den Schlussspurt im Aufstiegskampf aktivieren sollte. Es traf zwar den Nerv des Moments, doch waren es hier statt einem Wort und einer Botschaft wie bei „Herzblut“ gleich zehn Wörter und drei Botschaften und Begriffswelten zugleich. Nun darf man angesichts des Schulterschlusses in den Spielen gegen Hoffenheim durchaus behaupten, dass der FCK bis zur letzten Minuten vereint war - und sogar darüber hinaus, doch ist auch hier die fehlende Langfristigkeit der Grund, warum diese Botschaft gleich wieder im Archiv verschwinden musste.

Die Kommunikationsbotschaft hat nur eine geringe Halbwertszeit. Sie war nur dafür geschaffen, die Kräfte zu aktivieren. Sie kann nicht dafür genutzt werden, das Bild in den Köpfen auch langfristig zu erzeugen und zu festigen. Nach der Saison konnte die Kampagne begraben werden. So war klar, dass zu Saisonbeginn eine neue Kommunikationsbotschaft diese Aufgabe übernehmen wird. Und da war sie:

Wir sind der FCK


Kurz und knapp prangt es auf allen der rund 18.000 verkauften Dauerkarten. Im Online-Ticketshop, im Fanartikelkatalog und auch auf den Autogrammkarten scheint ein neues Corporate Design zur Anwendung zu kommen, das offensichtlich mit dieser Botschaft verknüpft ist. Vielleicht das beste seit „Herzblut“. Es transportiert vieles, ohne es zu nennen: Vor allem den Stolz und das Selbstbewusstsein, das den FCK ausmacht. Als gallisches Dorf, das sich stets den Großen widersetzt.

Doch wenn man einen Blick auf andere Vereine wirft, muss man sich die Frage stellen: Wie differenzierend ist es tatsächlich?

"Wir sind Eintracht" -> Eintracht Braunschweig
"Wir sind der Club" -> 1. FC Nürnberg
"Wir sind Ostwestfalen" -> Arminia Bielefeld

So richtig es auch sein mag, so undifferenzierend ist es zugleich. Der FCK zählt sicher zu den fünf einzigartigsten Vereinen in Deutschland. Sehen das Sponsoren ähnlich, wenn sie „Wir sind Eintracht“, „Wir sind der Club“, „Wir sind Ostwestfalen“ und „Wir sind der FCK“ wahrnehmen? Die Frage lässt sich nur schwer beantworten, doch bleibt eine kritische Komponente haften.

Das Problem

Jede Kampagne und jede Botschaft des FCK ist für sich genommen richtig, doch in der Masse kann nur schwer ein Bild in den Köpfen der Menschen entstehen. Wenn man die Kampagnen als Collage zusammenstellt (vgl. Titelbild), fällt auf warum:

Es fehlt etwas Langfristiges. Etwas, das mal länger als eine Saison Bestand hat.
Ich rede von der kommunikativ langfristigen Konstante, der sich alles unterordnet - aus meiner Außenbetrachtung fehlt das beim FCK. Vielleicht baut „Wir sind der FCK“ schon auf solch einem Fundament auf - das kann ich nicht beantworten. Der kurzfristige Gebrauch verschiedener Botschaften in den letzten Jahren deutet aber nicht unbedingt darauf hin, dass „Wir sind FCK“ sehr lange Bestand haben wird.

Was fehlt, ist die fehlende konstante Flamme, die unabhängig vom sportlichen Erfolg die Köpfe der Menschen erreicht (bzw. entzündet im besten Sinne).

Es sind viele Botschaften und Begriffe, mit denen die Anspruchsgruppen entzündet werden sollen. Und alle sind für sich genommen richtig - doch aus meiner Sicht wird einfach zu oft in die FCK-Begriffsweltenkiste gegriffen und sich mit dem gerade passenden bedient.

Aber ich will nicht nur den Finger in die Wunde legen, sondern auch zeigen, wie es anders gehen kann. Wie lösen die Besten der Branche dieses Problem?

Von den Erfolgreichen lernen

Es ist nicht unbedingt überraschend, dass die aus sportlicher Sicht erfolgreichsten Vereine auch die Besten in dieser Kategorie sind: Borussia Dortmund - Echte Liebe. Bayern München - Mia san Mia. Eingängig, kurz, aussagekräftig und vielsagend, ganzheitlich umgesetzt, authentisch, langfristig, anziehend. Und das wichtigste: Es basiert auf einem kommunikativen, identitätsorientierten Fundament.

Was man von diesen Vereinen auch halten mag: Mit zwei bzw. drei Worten wird alles ausgedrückt, was den Verein ausmacht. Das ist die langfristige Konstante. Und es ist eine erfolgreiche Konstante. Erfolgreich, weil Fans dieses „Markenversprechen“ - wie es so schön heißt - aufnehmen und selbst weiterstreuen. Wie oft hört man aus dem Mund eines Bayern-Fans das „Mia san Mia“? Wie oft liest man in den Beiträgen der Dortmunder die beiden Wörter „Echte Liebe“? Es ist überall präsent.
Im Vergleich: Wie oft wurden unsere Botschaften der letzten Jahre weitergetragen (abgesehen von „Herzblut“)? Aber wie soll eine Kommunikationsbotschaft auch Eigendynamik entwickeln, wenn sie ohnehin nur für die letzten zwei Monate der Saison gestaltet ist?

Alles darf und muss auf einem Fundament aufbauen. Dieses Fundament gibt auch die Richtung für kurzfristige Aktionen und Kampagnen vor - und nicht umgekehrt. Wie das funktioniert, lässt sich hervorragend am Beispiel Borussia Dortmund erläutern:

Erfolgsrezept Borussia Dortmund - das Fundament

Borussia Dortmund ist ähnlich gestrickt wie der FCK. Ein ruhmreicher Traditionsverein, mit dem sich viele Begriffe und Begriffswelten verbinden lassen. Doch hat es der BVB im Jahr 2008 geschafft, ein Fundament zu errichten, das seitdem die Richtung vorgibt. Exakt seit diesem Punkt geht es auch sportlich aufwärts - Zufall oder nicht sei mal dahingestellt.

„Echte Liebe“ ist nur die sichtbare Spitze des Eisbergs. Alles fußt auf dem sogenannten „Erfolgsmuster“, in dem 13 Erfolgsbausteine festgehalten sind. Das ist die Identität der „Marke BVB“. Zu diesen 13 Erfolgsbausteinen gehören zum Beispiel „Progressivität“, „Familiäre Kultur“ oder auch „Unzerstörbarkeit“. Diese Bausteine sind in einer 50-seitigen „Markenbibel“ detailliert ausformuliert und anhand verschiedener Beispiele erklärt.

Aus diesem Erfolgsmuster bilden sich die Kernkompetenzen.

Die vier Begriffe, die den BVB besonders und einzigartig machen. Das Fundament des BVB. Darauf baut alles auf.

  • Intensität: Durch unsere Intensität schaffen wir ein unvergleichliches Fußballerlebnis.
  • Echtheit: Durch unsere Echtheit schenken uns die Menschen tiefes Vertrauen und echte Liebe.
  • Bindungskraft: Durch unsere Bindungskraft ist unser Verein Heimat und Familie für viele Menschen.
  • Ambition: Durch unsere Ambition erreichen wir große Ziele und sportliche Erfolge.

Jede einzelne kommunikative Lebensäußerung, jede einzelne Botschaft, alles fußt nur auf diesen vier „Kernkompetenzen“. Das ist das Fundament. Es wirkt zunächst völlig banal. Was ist schon besonders daran, die Identität des Vereins auf vier Wörter zu reduzieren? Es wird einem erst klar, wenn man sich jede kommunikative Lebensäußerung des BVB seit 2008 anschaut.


Das Markenversprechen „Echte Liebe“ ist nur eine von vielen, die auf Basis dieses Fundaments entstanden ist. „Echte“ aufgrund der Echtheit und „Liebe“ als intensivste Form der Bindung. Das Gestaltsystem ist aus diesen Kernkompetenzen abgeleitet. Das Magazin, die Autogrammkarten, die Tonalität in Texten ist auf den Charakter der Marke abgestimmt - ja selbst die Poster, die im Trainingszentrum der Jugendspieler aushängen, fußen auf dem Erfolgsmuster und den Kernkompetenzen. Die Gestaltung jedes Fanshops beruht auf dem Gestaltsystem, welches wiederum aus den Kernkompetenzen abgeleitet ist. Sponsoren werden auf Passung zu diesen Werten ausgewählt. Einfach alles fußt auf diesem Fundament. Das ist der rote Faden. Und das sorgt für ein einheitliches, attraktives und anziehendes Bild in den Köpfen der Menschen. Und das muss das Ziel sein.

Da gibt‘s kein: Heute machen wir es mal so und morgen vielleicht so. Da ist dieser rote Faden - und das spürt man, wenn man sich mit dem Verein auseinandersetzt. Alle Marketingaktivitäten sind abgestimmt auf die Identität des Vereins. All das trägt einen kleinen Teil dazu bei, dass der BVB heute diese Anziehungskraft bei allen Anspruchsgruppen besitzt - und das unabhängig vom sportlichen Erfolg.

Fazit

Die Erzeugung der Bilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen (Sponsoren, Medien, breite Öffentlichkeit, nächste Fangeneration) ist überlebenswichtig für einen Fußballverein - insbesondere für den FCK. Die Kampagnen haben insofern noch Luft nach oben, dass sie für langfristiges und nachhaltiges Bild sorgen müssen - basierend auf einem kommunikativen Fundament. Und dass der FCK ein unglaubliches Potential in diesem Bereich hat und eine naturgegebene Strahlkraft besitzt, zeigt eine Studie: Nur elf von 86 untersuchten Sportvereinen lösten bei den über 4.000 Befragten ein klares Vorstellungsbild aus. Im Profifußball sind das: Bayern München, Borussia Dortmund, Schalke 04, Eintracht Braunschweig, FC St. Pauli und eben der 1. FC Kaiserslautern. Trotzdem kein Grund sich auszuruhen. Es ist viel noch Luft nach oben. Borussia Dortmund zeigt, wie es gehen kann.

Über den Autor: Patrick Potthoff, 27 Jahre alt, ist Marketing-Experte und FCK-Fan. Nach seinem BWL-Studium (Schwerpunkt Marketing) arbeitet er derzeit im Bereich Sport­kommunikation und studiert berufsbegleitend Sportmanagement. Über die Roten Teufel schreibt er regelmäßig in seinem Blog Unzerstörbar.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paet_fck

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